Er will das Leben eines Fremden retten

Über die Spende von Lorenz Schöggl hat die Redakteurin Theresa Lippe berichtet. Die folgenden Zeilen stammen von ihr und wurden am 09. Januar 2023 in der Werra-Rundschau veröffentlicht.

Wenn alles gut läuft, wird Lorenz Schöggl aus Frankershausen einem Fremden das Leben retten. Der 23-Jährige ist registrierter Stammzellenspender und Anfang September kam ein Anruf, mit dem er bei der Registrierung 2018 eigentlich nie gerechnet hatte. [...] „Ich habe mich vor über vier Jahren bei einem Aktionstag in die Knochenmark und Stammzellspenderdatei Göttingen (KMSG) aufnehmen lassen“, berichtet Schöggl. Die Wahrscheinlichkeit, als passender Stammzellenspender in Frage zu kommen, sei gering, weiß er. Der erste Anruf „Als der erste Anruf der KMSG im September kam, wurde mir gesagt, es gebe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ich als Spender in Frage komme“, berichtet der 23-Jährige, der aktuell Mathematik und Informatik an der Friedrich-Wilhelm-Schule in Eschwege unterrichtet. „Ich habe direkt zugesagt.“ Denn braucht ein Mensch eine Stammzellenspende, ist dies seine letzte Hoffnung aufs Überleben.

Lorenz Schöggl bei der Voruntersuchung. In der Kühltasche befindet sich das Mittel, das er sich in Vorbereitung auf die Stammzellspende zuführen muss.

Es folgten Untersuchungen und eine Bestätigungstypisierung, außerdem musste Schöggl einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. „Ich musste zur Blutabnahme zu meinem Hausarzt.“ Ein Teil der Blutproben kam zum Ausschluss bestimmter Infektionserkrankungen nach Göttingen, im auswärtigen Transplantationszentrum werden dann die Gewebetypisierungsmerkmale untersucht. Im Oktober hatte der Frankershäuser Post im Briefkasten: „Ich wurde als Spender reserviert. Meine Merkmale passen zu 100 Prozent für den Empfänger, sogar meine Blutgruppe ist dieselbe wie seine.“ Doch das bedeutete noch nicht, dass Schöggl tatsächlich eine Stammzellenspende abgeben kann: „Am 23. November erhielt ich einen weiteren Anruf, bei dem offiziell meine Spende angefragt wurde. Ich sagte erneut zu und dann startete der Prozess.“ Bei zahlreichen Untersuchungen wurde er in der Göttinger Universitätsklinik „auf Herz und Nieren geprüft“, um Risiken für beide Seiten auszuschließen.

Etwas nachdenklich erzählt er von Stimmen, die ihm Angst machen wollten: „Teilweise wird im Bereich der Homöopathie mit verdrehten Fakten und Pseudo-Wissenschaft versucht, Bedenken zu schüren“. Doch Lorenz Schöggl hat viel Statistik und Mathematik im Studium behandelt, arbeitet nebenbei als freier Journalist – er weiß mit Fakten, wissenschaftlichen Daten und Falschinformationen umzugehen. „Es gibt eine Meta-Studie vom Bundestag, aus der Skeptiker einen einzigen Satz aus dem Zusammenhang reißen, neu auslegen und daraus falsche Schlüsse ziehen“, so der 23-Jährige. Davon unbeeindruckt informierte er sich bei seiner zuständigen Ärztin. Schöggl: „Natürlich war ich nach dem ersten Anruf etwas unruhig, schließlich hat man nicht oft die Möglichkeit einem Menschen das Leben zu retten. Auch als mir die eventuellen Nebenwirkungen des Medikaments und der Entnahme noch mal in gänzlicher Breite vorgetragen wurden, fing der Kopf kurz an zu rattern“. Ihm sei jedoch im Detail alles gut und verständlich erklärt worden, sodass er keine Angst vor der Spende habe oder Sorge vor vermeintlichen gesundheitlichen Folgen: „Am Ende ist das ein obligatorischer Beipackzettel“.

Lorenz Schöggl entspannt während der Stammzellspende.

Der 23-Jährige hofft, irgendwann selbst einen Aktionstag im Werra- Meißner-Kreis zu organisieren, bei dem sich Menschen als Stammzellenspender typisieren lassen können. „Die Leute sollten sich wirklich gut überlegen, was dagegen spricht, sich als Spender zu registrieren, schließlich kann man so Leben retten“, sagt Schöggl. Darüber nachgedacht, die Spendenanfrage abzulehnen – denn auch das wäre sein gutes Recht gewesen – habe der 23-Jährige übrigens nie.

Wer seine Stammzellenspende bekommt, weiß der 23- Jährige nicht. Schöggl: „Stammzellenspenden sind anonym, damit der Wert des Lebens des Empfängers nicht bewertet wird, beispielsweise anhand von Alter oder Nationalität.“ Das findet er gut. „Ich habe von der KMSG die Info bekommen, dass es sich bei dem Empfänger um einen Mann aus dem EU-Ausland handelt, mehr weiß ich nicht“, sagt Schöggl. Nach zwei Jahren könne er Informationen über den Empfänger in Erfahrung bringen – wenn sowohl er als auch der Empfänger das möchten.

Das Fazit zur Stammzellspende

Ein paar Tage nach der Spende, erreichen uns die folgenden Zeilen von Lorenz Schöggl:

"Nach der Spende wurde ich von meinem Bruder abgeholt und konnte während der Autofahrt in Ruhe resümieren, was der Tag und die Wochen davor eigentlich bedeutet haben. Die Spende selbst verging dank Dösen, Unterhalten und Fernsehen wie im Flug und - genauso wie bei der Vorbereitung - habe ich mich rundum fürsorglich betreut gefühlt! Nachdem die Vorbehandlung in den letzten Tagen vereinzelt die erwarteten, grippeähnlichen Schmerzsymptome zeigte, war ich nach der Spende nur noch erschöpft, aber schnell wieder fit. 

Bereits am nächsten Tag wich die Erschöpfung drei anderen Gefühlen: Erleichterung, Glück und innere Erfüllung. Ich war froh und stolz, die Spende endlich erfolgreich gegeben zu haben und wünschte dem Empfänger, dass sie wie erwartet anschlägt. Während der Spende selbst war ich fasziniert von der Seperator-Prozedur, die mir genau erklärt wurde, und erleichtert, als sich abzeichnete, dass mehr als genug Stammzellen gesammelt wurden.

An dieser Stelle nochmal vielen Dank an Sie und Ihr Team für die Rundum-Betreuung!"

   

     

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